Midway between 2000 und 2010 – Sabine – Dreieinigkeit

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Wir stiegen aus der Badewanne, trockneten uns gegenseitig ab und fanden uns nackt auf dem großen Doppelbett des Hotelzimmers wieder. Zuerst machten wir es uns mit den Kissen hinter dem Rücken am Kopfende bequem. Im Moment war es ein Genuss, wie die Hitze des Tages und die Restfeuchte unserer Haut sich zu einer angenehmen Wohligkeit kombinierten.

Und schon wieder war die Situation für mich ein kleines Wunder. Beide kombinierten wir wie selbstverständlich Nacktheit mit Wohlbefinden, kombinierten Hände auf Haut mit Gesprächen über uns und die Welt, kombinierten Sexualität mit normalem Leben. Eine Zeitlang wogten die Schwerpunkte hin und her ohne sich für eine Richtung entscheiden zu können. Mal verdrängten die Inhalte der Gespräche die Erotik aus meinem Gehirn, mal verhinderte die Erotik, dass ich auf eine Frage sofort antworten konnte. Allmählich gewannen die körperlichen Bedürfnisse wieder an Boden. Die Gesprächsanteile ebbten ab, die Küsse und die Hände wurden intensiver. Am Ende waren wir wieder ganz Körper und Lust, die sich gegenseitig zu mehr aufforderten.

Ich bat sie, sich hinzulegen und kniete mich neben sie. „Gib mir Feedback. Zeig mir was Du magst. Jetzt bist Du dran!“

Zum ersten Mal hatte ich sie ganz in Ruhe im Überblick und machte das, was ich auch bei Regina versucht hatte. Damals als klar wurde, dass unser Verhältnis bald enden würde. Ich prägte mir den Anblick von Sabine ein, erfasste sie mit meinen Augen und meinen Händen: Gesicht und Lächeln, Haare und Halslinie, die helle sommersprossige Haut, die großen Brüste. Jetzt in Rückenlage gaben sie ein Stück der Schwerkraft nach und waren nicht ganz so beeindruckend rund wie im Stehen oder Sitzen. Unter dem Busen strich mein Blick über den schmalen Brustkorb, an dem man alle Rippen sehen konnte, darunter ein niedlicher, kleiner, perfekter Bauchnabel inmitten eines sehr flachen, glatten Bauches. Darunter kam der fast abrupte Übergang in ein sehr weibliches Becken, absolut gesehen nicht wirklich breit, aber im Vergleich zur Wespentaille enorm beeindruckend. Zwischen den Oberschenkeln kräuselten sich Haare in einem deutlich helleren Rot und den Abschluss bildeten ein paar schöne Beine, die in sehr kleinen Füßen endeten. Und von oben bis unten war alles übersät mit Sommersprossen.

Eine ganze Zeit lang streichelte ich sie. Sabine hatte die Augen zu und ja, sie hatte sich meiner Bitte angenommen und zeigte mir, was sie mochte. Leichte Änderungen der Atmung, Zuckungen des Körpers, auch ein Zurückweichen, wenn es nicht gut war oder ein wohliges zu mir drängendes Räkeln, wenn die Körperstelle mehr von meinen Händen wollte.

Mein Kopf beschäftigte sich ganz mit dieser Dreieinigkeit von Körper, Frau und Person. Mein immer analysierendes und Fragen stellendes Hirn wälzte die Frage, was diese Dreieinigkeit eigentlich für mich sei und sein könnte?

Als Körper war sie eine sexuelle Offenbarung, die mir gleichzeitig so fremd und exotisch war, dass ich mir den Sex wünschte, ohne ihn mir auf Dauer vorstellen zu können. Ja, diese Erscheinung hatte so viele Elemente von dem, was ich immer schon erotisch empfunden hatte: Klein, schlank, lange rote Haare, großer Busen. Aber gleichzeitig war ihr Körperbau ganz anders als der Körpertyp, der sich mir in 30 Jahren sexueller Erfahrung aufgeprägt hatte. Hier gab es nichts androgynes, die großen Brüste waren ungewohnt, das Becken breit, die Weiblichkeit zwischen den Beinen hervorstechend. Im Moment war das so aufregend, dass ich es wollte und gleichzeitig so ungewohnt, dass ich mir nicht vorstellen konnte, meinen bisherigen Frauentyp ganz hinter mir zu lassen und diesen neuen als Ideal anzunehmen.

Als Frau war sie faszinierend, selbstbewusst, intelligent, offen, erfahren, sexuell aktiv, interessant und interessiert. Sie war der beeindruckendste Mensch, den ich bislang kennen gelernt hatte. Ein weiblicher Geist, der zu mir zu passen schien wie zwei Teile eines Felsens, den vor langer Zeit ein Blitz in zwei Hälften geborsten hatte, die dann auf verschiedenen Seiten des Berges herabgerollt, durch zwei Gletscher tausend Jahre im Eis eingeschlossen langsam zum Fuß des Gebirges transportiert worden waren und dort jetzt, am Zusammenfluss der beiden Ströme, plötzlich wieder passgenau nebeneinander lagen und sich fragten, wieso sie sich so gut ergänzten.

Und zuletzt die Person, definiert durch Körper und Geist, aber auch durch ihre Geschichte und ihr Umfeld. Ein Mensch mit intakter Familie, mit einen Partner, zu dem sie mehr stand als ich zu meiner Partnerin, mit einer Tochter, für die sie sich komplett alleine verantwortlich fühlte. Und demgegenüber ich, der keine Partnerin mehr hatte, nur noch eine per Trauschein verbundene Ehefrau, die er gerne schon längst verlassen hätte, wenn da nicht die Kinder wären, für die er sich so verantwortlich fühlte.

Was wollte ich mit diesen Körper, dieser Frau, dieser Person? Ich fühlte mich stark zu ihr hingezogen, aber ich liebte sie nicht. Gut, nach diesen wenigen Malen des Zusammenseins wäre das auch eher seltsam gewesen. Ich bin kein „Liebe auf den ersten Blick“ Typ. Aber das fehlen von Liebe war gar nicht der Punkt. Irgendwas in mir sträubte sich, klammerte sich an das alte Leben, an diese lange durchgehende Historie, diesen Nachhall einer Liebe zu Kirsten. Irgendetwas in mir war sich bewusst, dass ein reines Sexverhältnis wie zu Regina mit Sabine nicht möglich wäre. Es würde mehr entstehen, entstand vielleicht gerade schon, war vielleicht schon entstanden. Ich spürte Angst, die Kontrolle zu verlieren, Angst vor der Wiederholung der Enttäuschung mit Gabi, Angst vor den Konsequenzen einer längeren Beziehung, mehr Angst als vor dem „Drei Tage und dann Zappe“ von Sabine, das vielleicht aus ähnlichen Zweifeln heraus entstanden war.

Doch jetzt standen nicht die Ängste im Vordergrund, ich schüttelte die Gedanken ab, konzentrierte mich wieder auf dieses Wunder vor mir, streichelte weiter, intensivierte meine Berührungen, antwortete auf Feedback, lag bald zwischen ihren Beinen und leckte sie. Hier war es schwieriger, das Feedback zu registrieren und richtig zu reagieren, denn es gab viele und vielfältige Signale von ihr und jede meiner Reaktionen konnte richtig oder falsch sein. Es war absolut unbekanntes Terrain für mich hier unten. Mir fehlte die Übung an ihr, aber auch die Übung an anderen Frauen.

Was konnte ich eigentlich im Bett? Irgendwie wenig. Nach mehr als einem Dutzend Frauen in mehr als zwei Dutzend Jahren, war ich irgendwie immer noch ein Anfänger. Mir fehlte die systematische Ausbildung, eine Lehrerin hatte ich nie gehabt und geeignete Frauen zum Selbststudium hatte es auch nicht gegeben. Ich wusste inzwischen, wie man einen Pinsel hält, wie man Farbe auf eine Fläche aufträgt, aber von der Kunst war ich sehr weit weg.

Hier gab ich jetzt einfach mein bestes und zuerst schien ich auch Erfolg zu haben. Bei Sabine fingen wieder die mir schon bekannten, wellenförmigen Erregungskurven an, denen Mann folgen musste, aber auch nicht folgen durfte. Keine Zeit mehr für tiefgreifende Gedanken. Voller Einsatz jetzt. Inzwischen war eine Hand von mir an einer ihrer Brüste, eine Hand teilweise in ihr drin, mein Mund schwelgte in ihre weichen, feuchten und gutschmeckenden Haut. Ich begleitete ein paar ihrer Wellen, bekam zwischendurch die Anweisung „Nicht schneller werden“ aber es gelang mir nicht, sie zum Höhepunkt zu bringen.

Nach einer ganzen Weile richtete sie sich auf und meinte „Ich kann mich nicht genug entspannen. Es ist sehr schön, aber mehr läuft jetzt nicht. Vielleicht später. Außerdem habe ich tierischen Hunger.“

Als neuer Mann interpretierte ich das natürlich als „Du warst nicht gut genug“ und entschuldigte mich für meine Ungeschicklichkeit. Sie nahm mich in den Arm und küsste mich. „Nein, liegt nicht an dir. Ist nicht einfach mit mir. Aber es war wirklich schön. Sehr schön. Die Badewanne, das Reden im Bett, die Nähe und dann am Ende noch die körperliche Erregung. So wichtig ist der Orgasmus nicht.“
„Ok, dann also: Du hast Hunger. Lass uns in die Stadt gehen. Es ist jetzt kurz vor Acht. Wir finden in der Nähe bestimmt ein nettes Lokal.“
„Sollen wir das wirklich wagen? Wenn uns doch jemand sieht? Wir könnten uns vielleicht auch ’ne Pizza bestellen.“
„Ne, also ich möchte in ein schönes Lokal mit dir. Wir haben uns Würzburg ausgesucht, weil das weit genug weg ist. Das Risiko ist gering. Lass uns ein wenig das schöne Wetter genießen! Sogar die Sonne scheint noch und es ist immer noch warm.“

3 Kommentare zu “Midway between 2000 und 2010 – Sabine – Dreieinigkeit

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